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Von: Südkurve Sankt Pauli kontakt@ultra-stpauli.de Betreff: GoBanyo-Interview, Hanau-Gedenken, Blick zurück ...
** Moin Südkurve,
heute jährt sich der Terroranschlag von Hanau zum zweiten Mal. Mit einer Tapete im Stadion beteiligen wir uns an dem Gedenken an die Opfer und rufen euch dazu auf, an den Gedenkveranstaltungen teilzunehmen. Außerdem findet ihr in diesem Newsletter ein Interview mit Sebbo von GoBanyo, in dem über den Duschbus und Obdachlosenhilfe im Allgemeinen gesprochen wird. Am Sonntag steht das Heimspiel gegen Hannover an und es gilt, die Tabellenführung zu verteidigen. Zur Einstimmung auf das Spiel blicken wir in diesem Newsletter auf ein Spruchband-Battle gegen die Hannoveraner*innen zurück. Im Rückblick auf 20 Jahre USP bekommt ihr dieses Mal gleich zwei Spielzeiten von 2004 bis 2006 serviert. ULTRAS! SANKT PAULI! SÜDKURVE!
** Hanau-Gedenken
Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen!
Morgen jährt sich der rassistische Anschlag von Hanau zum zweiten Mal. Gemeinsam wollen wir der Opfer gedenken und ihren Kampf um Gerechtigkeit und die lückenlosen Aufklärung unterstützen. Insbesondere auch bezüglich der Rolle der Polizei. Entschlossen fordern wir, im Sinne der Betroffenen und Angehörigen, Konsequenzen! Sowohl auf den Dienststellen, in der medialen Berichterstattung und in den Köpfen. Wir rufen euch dazu auf, an einer der Gedenkveranstaltungen teilzunehmen.
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** Interview mit Sebbo von GoBanyo
Mit Beginn der Pandemie versuchten auch wir mit der freigewordenen Zeit etwas Sinnvolles anzustellen. Zahlreiche Personen aus der Fanszene entschieden sich dazu, das Team von GoBanyo zu unterstützen. Seitdem sind 2 Jahre vergangen und GoBanyo leistet immer noch eine tolle und wichtige Arbeit, die wir weiterhin gerne unterstützen möchten. Spätestens mit dem unsäglichen Zaun am Paulinenplatz gewann das Thema bei uns wieder an Aktualität. In diesem Newsletter steht Sebbo vom GoBanyo-Team uns Rede und Antwort. Dabei geht es um die Arbeit von GoBanyo aber auch ganz allgemein um den Umgang mit obdachlosen Menschen. Solltet ihr Interesse haben zu helfen, findet ihr am Ende des Interviews eine Kontaktadresse.
USP: Wie sieht ein typischer Tag bei GoBanyo aus und wie ist der Arbeitsalltag aufgebaut?
Sebbo: Der Duschbus startet vom Busbetriebshof in Langenfelde und fährt zum jeweiligen Betriebsstandort: im Moment entweder zum Hauptbahnhof oder zum Millerntor-Stadion. Dort muss der Duschbus Trinkwasser an einem Hydranten tanken und an Strom angeschlossen werden. Unser Duschdorf ist stationär und muss einfach nur aufgeschlossen werden. Der Ablauf ist im Anschluss identisch: es wird alles für den Duschbetrieb Nötige aufgebaut, aus den Regalen und den Schubladen rausgeholt und gecheckt, ob die Badezimmer sauber und ausgestattet sind und, ob das Duschwasser heiß genug ist. Unsere Duschgäste bekommen Wasser und/oder Heißgetränke angeboten, wenn sie auf eine Dusche warten. Sobald ein Badezimmer gereinigt- und wieder frei wird, bekommt der Duschgast ein Duschtuch, neue Unterwäsche, frische Kleidung und Pflegeprodukte. Nach jeder einzelnen Nutzung reinigen wir unsere Badezimmer mit Dampfstrahlern und biologisch abbaubarem Profireinigungsmittel. Unabhängig von der Pandemie.
USP: Wo genau gibt es Angebote von GoBanyo und an welchen Tagen werden diese Angebote für Bedürftige und Obdachlose angeboten?
Sebbo: Wir sind von Donnerstags bis Montags, von 9 bis 14 Uhr geöffnet auf dem Harald Stender Platz 1, auf dem Parkplatz hinter dem Amtsgericht Hamburg-Mitte und auf dem Steintorplatz. Unsere Frauen*tage sind Donnerstags im Duschdorf und Samstags im Duschbus (Anm. d Red.: Die genauen Öffnungszeiten könnt ihr auch auf https://gobanyo.org/duschen/ nachlesen). Bald können wir einen Tag pro Woche Haareschneiden anbieten und wir bekommen aktuell ein bis zweimal Besuch vom DRK Zahnmobil, das sich um die Zahngesundheit unserer Gäste kümmert. Dienstags und Mittwochs haben wir betriebsfrei. Da kann der Bus repariert/gewartet werden oder wir arbeiten Office-Kram ab. Viele aus dem Team haben da ihr freies ”Wochenende”.
USP: Wie bist Du persönlich zu GoBanyo gekommen?
Sebbo: Ich bin im April 2020 zu GoBanyo über USP gekommen. Sie haben ja damals die Welcome-Area vom Duschbus organisiert und habe dann, wie viele andere von USP und aus dem Umfeld der aktiven Fanszene, angefangen mich ehrenamtlich zu engagieren und bin seitdem geblieben. Jetzt bin ich hauptamtlich seit über einem Jahr für GoBanyo tätig. Naja, es hat sich eben einfach so ergeben. Ich war zu dem Zeitpunkt in Kurzarbeit und habe dann sehr kurzfristig entschieden, meinen anderen Job zu kündigen und die Projektleitung für das Duschdorf zu übernehmen, als ich gefragt wurde.
USP: Zwei Jahre GoBanyo: Was hat sich verändert? Was hat man erreicht? Gibt es konkrete Ziele für die Zukunft?
Sebbo: Seit dem ersten Duschtag im Dezember 2019 haben wir unseren Betrieb immer weiter aufgestockt, weil der Bedarf ständig anstieg. Mehr Stunden, mehr Tage, ein wachsendes ehren- und hauptamtliches Team. Das alles bringt auch immer mehr Verantwortung mit sich und immer wieder die Frage, wann die Politik sich endlich für den klügeren, günstigeren, einzig sinnvollen Weg des bedingungslosen Wohnens entscheidet. Wir möchten mit unserer Arbeit erreichen, dass diese Themen auf die gesellschaftspolitische Agenda kommen. Und wir machen solange weiter, bis es uns nicht mehr braucht.
USP: Wie kann Obdachlosen und Bedürftigen im Alltag geholfen werden? Ist es besser Geld zu geben oder sollte man besser konkret fragen, was die Person braucht?
Sebbo: Geld oder eine Wohnung ist immer gut! Ansonsten: immer gerne die Betroffenen direkt fragen. Das kann ich für niemanden beantworten. Aber, sich in einem Verein zu engagieren, der (allen!) Menschen auf der Straße hilft, ist pauschal immer empfehlenswert. <3
USP: Wie kann die Fanszene des FC St.Pauli GoBanyo unterstützen?
Sebbo: Erstmal muss ich sagen: das hat sie bisher schon sehr viel! Dafür möchte ich hier im Namen von GoBanyo auch ein herzliches und sauberes Danke aussprechen: DANKE für eure Zeitspenden, Logistikhilfen, Sachspenden und andere Aktionen, um auf “Waschen ist Würde” aufmerksam zu machen! Deshalb fällt es uns nicht einfach, nach noch mehr Hilfe zu fragen. Aber: Wir freuen uns sehr, wenn wir hier Menschen erreichen, die noch Zeit zum Spenden über haben. Dann können sie sich direkt an meine Kolleg*innen unter freiwillig@gobanyo.org wenden. Aber auch online oder im privaten Kreis: Jedes Wort über die Notwendigkeit von sauberen Sanitäranlagen hilft uns mit, unsere sozialpolitischen Ziele für die Menschen auf der Straße zu erreichen.
** Der Blick zurück
Spruchbandbattles sind etwas Feines. Oft ziehen sie sich gleich über mehrere Saisons hin und sind eine Möglichkeit, um sich kreativ mit einer anderen Kurve zu messen. Hierzulande ist vermutlich das Duell zwischen der Horda Azzuro und Red Kaos ewiges Sinnbild für Witz und Diss, doch auch St. Pauli und Hannover hauten sich vor mehr als zwanzig Jahren eine Zeit lang so einiges um die Ohren. Damals, als die Tiere noch sprechen konnten, und der Support von den Passanten organisiert wurde, spielten beide Vereine ebenfalls in der zweiten Liga gegeneinander. Die Rivalität war nicht zu leugnen, alleine durch die 96-Freundschaft zu den Rauten, sodass uns Hannoveraner am 27.09.1998 mit dem Spruchband „Wir grüßen die Ratten auf euren Schultern“ im Niedersachsenstadion willkommen hießen. Den Passanten war dieser Spott eine Antwort wert und sie konterten beim Rückspiel am 12.04.1999 am Millerntor mit „Unsere Ratten haben euch zum fressen gern“. Zusätzlich zu dem Spruch waren auf dem großen Transpi zwei Ratten abgebildet, die am Vereinswappen von 96 nagten. Außerdem erschien ein Mitglied der Passanten in einem Rattenkostüm in der Singing Area und verspeiste eine 96-Brezel. Punkt für uns. Das konnte Hannover natürlich nicht auf sich sitzen lassen und legte in der darauffolgenden Saison, am 19.11.1999, nach: „Lieber von Ratten gefressen, als von Zecken gebissen“. Ganz klar, St. Pauli war wieder an der Reihe und beim Rückspiel am 28.04.2000 war auf der Gegengerade wiederum ein großes Transpi zu sehen. Auf diesem waren sowohl eine vollgefressene Zecke als auch eine satte Ratte zu sehen, die den Kontrahenten wissen ließen: „Hosen runter! Wir brauchen Kümmerlinge!“. Nun war eigentlich alles gesagt, allerdings schaltete sich noch eine dritte Partei ein. Am 14.05.2000 spielten unsere Amateure in der Regionalliga gegen Eintracht Braunschweig, deren Fans ebenfalls ein Spruchband im Gepäck hatten: „Eure Ratten und Zecken sind nur Löwenfraß“. Noch während des Spiels griffen Leute zum Pinsel und holten die Braunschweiger auf den Boden der Tatsachen zurück: „Mischt euch nicht in höherklassige Angelegenheiten ein“. Sieg durch Knockout. Alles in allem ein für seine Zeit nettes Ba ttle aus der Anfangszeit der deutschen Ultrabewegung.
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** 20 Jahre Ultrà Sankt Pauli – Saison 2004/2005 & 2005/2006
Einen Newsletter lesen, zwei Saisons bekommen. Das ist heute Motto, wenn wir retrospektiv gleich zwei Spielzeiten betrachten: Im Jahr 2004 hatte sich Sankt Pauli sportlich in der Regionalliga eingependelt. Mit RW Essen und Dynamo Dresden hatten es derweil zwei bisherige Zugpferde der Regionalliga in die höherklassige zweite Liga geschafft, während von unten mehrere Zweitvertretungen nachrückten. Wirklich spannungsvolle Spiele wurden seltener und die Derbys gegen den Rautennachwuchs lagen im Fokus. Beim Heimderby beschritt USP dann auch choreografisch neue Wege, die hinsichtlich Aufwands und Kreativität ungekannte Maßstäbe setzten. So wurden unzählige Doppelhalter hergestellt, die auf der Vorderseite das Vereinswappen und auf der Rückseite die Hammaburg trugen. Diese Aktion steht sinnbildlich für den erweiterten Aktionsradius der Gruppe: Choreos beschränkten sich immer häufiger nicht nur auf den eigenen kleinen Standort am Ende der Gegengerade, sondern wurden oft bis zur Mittellinie und darüber hinaus geplant und durchgeführt. Dabei kam es nicht selten zu Konflikten, da einige Leute sich der Sicht beraubt sahen und Aktionen absichtlich sabotierten.
Sowohl 2005 als auch 2006 waren die Pokalspiele große Highlights. Als Regionalligist schafften wir es bis ins Halbfinale vorzudringen, wo schließlich der FC Bayern doch eine Nummer zu groß war. Aufgrund unseres Amateurstatus durften wir alle Spiele am Millerntor austragen, die stimmungsvoll begleitet wurden. In Erinnerung bleibt dabei vor allem das Viertelfinale gegen Werder, als die komplette Gegengerade hinter Tapetenbahnen verschwand und sich große Doppelhalter mit dem Vereinslogo, dem Totenkopf und Che Guevara abwechselten. Da zu jener Zeit Schnee in Hamburg lag, nutzten etliche Leute nach dem Sieg die Möglichkeit, das Ergebnis auf parkende Autos zu streichen, sodass spätestens am nächsten Morgen das ganze Viertel wusste, dass am Abend zuvor Geschichte geschrieben worden war. Auch im Halbfinale sollte es dann eine große Choreo geben, für die USP fleißig Geld sammelte. Leider sorgte wieder einmal Corny Littmann für einen Eklat: der Verein pushte parallel eine eigene Aktion mit Winkehänden und überging mal wieder etablierte Strukturen und Fans. Aus diesem Grund verzichtete USP schließlich auf eine eigene Choreo und setzte nur die beliebten größeren Wunderkerzen ein, die bei diesem Flutlichtspiel trotzdem schöne Bilder erzeugten. Littmann kam mit der Vereinsaktion aber auch nicht so einfach davon. Während eines Fernsehinterviews mit ihm tauchten mehrere übergroße Hände als Hintergrundkulisse auf und verkündeten „Bye, Bye, Littmann“, was diesen vor laufenden Kameras in Erklärungsnot brachte. Trotz des Ausscheidens im Halbfinale war der Verein jedoch finanziell saniert, was Littmanns Position stärkte. Der Streit mit diesem Präsidenten – er begleitete USP noch länger. Wer die legendäre "Bokalsaison" noch mal nachempfinden will, der*dem sei die wirklich gelungene NDR-Reportage empfohlen, die auch einige Kurvenaufnahmen zeigt.
Ein weiteres Spiel, das für Gesprächsstoff sorgte, war das Aufeinandertreffen mit dem Chemnitzer FC am 01.04.2006 am Millerntor. Der Gästeanhang nutzte das Spiel für einen Faschoauftritt der übelsten Sorte: Seien es Nazi-Parolen oder das Zeigen von roten Fahnen mit einem weißen Kreis, auf denen nur das Hakenkreuz fehlte. Zwar konnten Mitarbeiter des Fanladens, Sven Brux und Vizepräsident Christian Hinzpeter die Fahnen teilweise entfernen, die Situation konnte das aber nicht wirklich beruhigen. Nach dem Spiel sicherten 500 Polizist*innen mit Wasserwerfern den Gästeblock ab, um den sich etliche Sankt Pauli Fans scharten, um die Chemnitzer gebührend zu verabschieden. Präsident Littmann sah es als notwendig an, selbst einen Wasserwerfer zu besteigen, um für Ruhe zu sorgen. Erst zwei Stunden nach Spielschluss wurden die Chemnitzer schließlich in überwiegend entglasten Bussen zum Hauptbahnhof gebracht.
Auch das Antira fand 2005 und 2006 seine Fortsetzung. Beide Male fand es Ende Mai statt, sodass den vielen angereisten Gästen noch die Möglichkeit gegeben wurde, ein Ligaspiel des FC St. Pauli zu besuchen. Das Turnier wurde damit zu einer festen Größe. Das spiegelte sich auch im Programm wieder, zu dem unter anderem eine Demo zählte. Neben dem Kampf gegen Präsident Littmann waren in beiden Jahren Aktionen gegen einen Naziladen in der Thalstraße prägend. Nach zahlreichen Demonstrationen, nicht zuletzt derer nach den St. Pauli-Spielen, musste der Laden 2006 schließen. Aus dieser Zeit rührt auch das solidarische Ritual, sich nach Heimspielen zu einem Marsch vom Stadion zum Fanladen zusammenzufinden. Damals wie heute konnte den Verbannten auf diese Art ein stadionähnliches Erlebnis ermöglicht werden, was leider allzu oft von der Polizei drangsaliert wurde. Inspiriert war solch ein Corteo ganz sicher auch durch den Blick über den Tellerrand. Die noch heute bestehenden Freundschaften wurden gepflegt und USP-Reisegruppen schauten öfters in Babelsberg vorbei, hatten Gäste vom CDA in der Kurve, fuhren nach München oder etwas weiter nach Bergamo, Terni oder Genua.
[Fotos 3 bis 6]
** Streetart
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