Wolfgang Broekerwolfgang.broeker@fcstpauli.de schrieb am 07.03.04 09:40:01:

Das heißt, alle folgenden Fälle beurteilst Du gleich?

Moin Wolfgang,

1. Du bis stinkreich, hast aber keinen Cent flüssig und kannst Deine Rechnungen nicht bezahlen => illiquide

wenn ich etwas bestelle, was ich nicht bezahlen kann, weil ich

• stinkreich, wie ich bin - so "clever" war, meinen Reichtum so

zu investieren, dass ich für das Bezahlen meiner Rechnungen kein Geld mehr zur Verfügung steht, dann lasse ich entweder das bestellen nach, oder das investieren. Es muss immer so viel flüssige Kohle vorhanden sein, dass mir diese Peinlichkeit gar nicht erst unterkommt.

2. Du hast Nettoschulden (also Verbindlichkeiten höher als Vermögen) => überschuldet Jetzt hast aber gleichzeitig gute laufende Einkünfte, mit denen Du die Zinsen locker tragen kannst.

Unseriös und schädlich. Die Schulden müssen ja irgendwo her kommen. Die entstehen ja nicht plötzlich über Nacht. Wenn dann ein Ereigniss eintritt, dass Dir Deine Einkünfte nimmt, kannst Du noch nicht mal mehr die Zinsen bezahlen und bist unweigerlich am Turm. Man darf immer nur so viel Schulden machen, wie man auch ab- tragen kann. Alles andere ist keine gute Kaufmannschaft. Am besten macht man gar keine. Am Ende freuen sich immer nur die Banken oder andere Finanzdienstleister.

3. Du hast einen Wirtschaftsplan für ein vor Dir liegendes Jahr gemacht, der insgesamt zu einem Gleichstand der Einnahmen wie Ausgaben führt, also zu einem ausgegliche- nen Haushalt. Nach fünf Monaten stellst Du fest, dass Du Deine Einnahmen zu optimistisch angesetzt hast und dass Deine Ausgaben höher sein werden als geplant, wenn Du alles so weiter laufen lassen würdest.

Das ist ein Kardinalproblem unserer Gesellschaft. Es bilden sich immer mehr Leute ein, wirtschaftliche Zusammenhänge zu durch- blicken und fahren damit regelmäßig gegen die Wand, weil sie grundlegende Faktoren einfach nicht berücksichtigt haben. Betriebswirtschaft ist kein Kuchenbacken. Wenn ich bereits nach fünf Monaten feststelle, zu optimistisch gewesen zu sein, bin ich schlichtweg ein Dilletant und verdiene es nicht anders.

Ich denke, wenn man über die Finanzen, nicht nur unseres Vereins, ernsthaft diskutieren will, sollte man solche unterschiedlichen Konstellationen durchaus beachten.

Mit derlei "unterschiedlichen Konstellationen" habe ich tagtäglich zu tun. Ich arbeite für ein Finanzdienstleisterpool, dem etwa 9000 Kleinunternehmer in ganz Europa angehören. Da flattern mir jeden Tag 15 - 20 Meldungen von Leuten auf den Tisch, die sich in ihrer Selbstständigkeit übernommen haben. In der Regel haben diese Menschen simpelste betriebswirtschaftliche Grundvoraussetzungen nicht beachtet.

Es gibt im Grunde nur eine gültige Konstellation: Ich muss genügend Geld für meine Vorhaben besitzen, sonst kann ich sie mir nicht leisten und lasse die Finger davon.

Klar, die Banken wollen einen stets von etwas anderem überzeugen ( Schulden machen ist geil, oder so) und die Politik lebt uns auch das Gegenteil meiner Ansicht vor, nichts desto trotz ist dieses Verhalten so falsch wie nur was.

Gruß - Wolfgang

Also nochmal, haste kein Geld, biste mause. ;-))

Einen schönen Sonntagnachmittag noch.