schönes Interview aus der Mopo:
MOPO: Was macht die Faszination FC St. Pauli aus?
Trulsen: Es ist die Begeisterung und Leidenschaft für den Verein. Selbst in der Oberliga würden noch 10000 Fans im Schnitt kommen.
Stanislawski: St. Pauli war nie auf Rosen gebettet. Trotzdem haben alle, Spieler, Offizielle und Fans, unter denen es vom Arzt bis zum Arbeitslosen wirklich alles gibt, ganz fest zusammengehalten.
Trulsen: Stimmt. In Krisenzeiten habe ich gern auf Geld verzichtet. In 15 Minuten waren wir mit dem Vertrag durch - ohne Gepoker.
Stanislawski: Und das meist per Handschlag.
MOPO: Was vermissen Sie als Ex-Spieler am meisten?
Trulsen: Nach dem Spiel durchs Klubhaus zu gehen und mich eine Stunde lang mit den Fans zu unterhalten.
Stanislawski: Das prickelnde Gefühl durch den Tunnel zu gehen und bei der "Hells'-Bells"-Music auf den Platz zu gehen. Das ist wie Doping. Da hast du eine Spannung, die Beton durchbrechen könnte.
MOPO: Wer sind die wahren St. Paulianer?
Stanislawski: In erster Linie unser Zeugwart Claus Bubke. Bubu wirkt oft grimmig, wie ein kleiner Diktator. Den musst du nur richtig zu nehmen wissen. Der ist ein Welttyp, hat trockenen Humor. Mit seinen wenigen Zähnen könnte er auch gut als Fahrkartenlocher arbeiten.
Trulsen: Ich glaube, Bubu hat in seinen 17 oder 18 Jahren so gut wie nie gefehlt. Das ist ein verdammt harter Arbeiter. Klasse finde ich auch die ehemalige Klubhaus-Wirtin Brigitte und ihre Schwester Kirsche. Mit ihnen ist leider ein Stück Menschlichkeit verschwunden.
Stanislawski: Geil ist auch unser Masseur Ronald Wollmann. Wolli weiß genau, was er weitererzählen darf und was nicht - ein echter Freund.
MOPO: Das schönste Erlebnis mit St. Pauli?
Stanislawski: Die drei Aufstiege 1988, 1995 und 2001. Den Wahnsinns- Empfang `88 auf dem Flughafen und die Bus-Tour über die Reeperbahn werde ich nie vergessen.
Stanislawski: Als wir 2000 den Zweitliga-Abstieg vermieden, habe ich nach Marins Tor noch vorm Abpfiff geheult - so groß war die Anspannung. Das 2:1 gegen die Bayern 2002 war natürlich auch top.
MOPO: Was hat gefehlt, genervt, was war traurig?
Trulsen: Ich habe nie gegen den HSV gewonnen.
Stanislawski: Mein Tiefpunkt war das 0:6 in Lübeck nach dem Bundesliga-Abstieg. Ich habe mich hinterher geschämt, ein Fußball- Profi zu sein.
MOPO: Wer waren die verrücktesten Typen?
Trulsen: Für mich Sonny Wenzel. Der hat das Leben genossen und auf dem Platz immer 100 Prozent gegeben.
Stanislawski: Ich habe Volker Ippig nicht mehr als Spieler, nur als Torwart-Trainer erlebt. Ein total abgedrehter Vogel, der als Heilpraktiker ständig mit irgendwelchen Kügelchen, Wässerchen und Duft-Kerzen ankam. Bei ihm hattest du das Gefühl, der kommt aus der Hafenstraße und hat Steine in der Tasche, hat seinen Job aber hundertprozentig gemacht.
Viele Grüße aus Barmbek
Kai :-)