Netter Bericht aus der Ostfriesen-Zeitung vom 05.11.2005
„Hass-Jubel“: Ostfriese stand direkt daneben
FUßBALL St. Paulis Naki sorgte in Rostock für Aufreger / Schultz dabei
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Nach dem Spiel feierte Timo Schultz (links, daneben Carsten Rothenbach) mit den Teamkollegen. Zuvor leistete sich Deniz Naki einen Jubel-Aussetzer. BILD: DPA
Der Stürmer stellte sich vor die Rostock-Fans und deutete an, die Kehle durchzuschneiden. „Ich habe das im Spiel gar nicht gesehen und erst nach der Partie erfahren“, sagte Schultz. „Hass-Jubel“: Ostfriese stand direkt daneben VON SÖREN SIEMENS
HAMBURG - Vor dem Spiel standen mögliche Ausschreitungen im Blickpunkt. Nach der von der Boulevard-Presse als Hass-Duell bezeichneten Begegnung der 2. Fußball- Bundesliga zwischen Hansa Rostock und FC St. Pauli bestimmt ein „Torjubel“ die Schlagzeilen in ganz Deutschland. St. Paulis Stürmer Deniz Naki deutete nach seinem Treffer zum 2:0-Endstand an, die Kehle durchzuschneiden und stellte sich dabei vor die Rostock- Fans. Ein Ostfriese war beim „Hass-Jubel“ mittendrin. Der aus Esens stammende Timo Schultz spielt für die Kiez-Kicker und war der erste Gratulant nach Nakis Tor. „Ich habe das im Spiel gar nicht gesehen und erst nach der Partie erfahren, was er da gemacht hat“, sagt Schultz. Während sich Naki nämlich Richtung Rostock-Fans wandte, blickte der 32-Jährige zur eigenen Anhängerschaft. „Er weiß inzwischen, dass er einen Fehler gemacht hat.“ Der Verein verdonnerte den 20-Jährigen zu einer Geldstrafe, der Deutsche Fußball-Bund sperrte den U 21-Nationalspieler wegen der Provokation gestern für drei Spiele. „Das alles ist natürlich ein Kabinen-Thema.“ Auch die anderen „Begleiterscheinungen“ beschäftigten die Hamburger bis jetzt. Nachdem es in der vergangenen Saison zu massiven Fan- Ausschreitungen gekommen war, wurde die Partie diesmal als „Risikospiel“ eingestuft. 1500 Polizisten aus fünf Bundesländern waren im Einsatz. Nach dem Spiel kam es trotzdem zu Krawallen. „Wir mussten noch zwei Stunden im Stadion warten, bis unser Bus sich auf den Weg machen konnte.“ Doch die Heimfahrt glich eher einer Flucht. Im Eiltempo und unter dem Schutz mehrerer Polizeiwagen wurde der Mannschaftsbus auf die Autobahn begleitet. „Wir sind über alle roten Ampeln gefahren“, erzählt Schultz. Aus Sicherheitsgründen fuhr die Truppe von Holger Stanislawski auch nicht im vereinseigenen Teamgefährt, sondern mit einem normalen Reisebus. Immerhin hatten Schultz und Co. die drei Punkte im Gepäck und sprangen damit wieder auf den dritten Tabellenplatz. „Wir haben eine richtig gute Mannschaft“, sagt der gebürtige Esenser, dessen Vertrag noch bis 2011 läuft. Er hat seinen Stammplatz derzeit zwar verloren, kam aber in fast allen Partien zum Einsatz. So auch am Montag. Da wurde der Mittelfeldspieler nach 76 Minuten eingewechselt. Er war nur wenige Sekunden auf dem Platz, als Matthias Lehmann einen Freistoß aus 22 Metern in den Winkel donnerte. Kurz darauf bereitete „Schulle“ selbst den 2:0-Endstand von Naki mit vor. Der „Hass-Jubel“ sei bei der ohnehin schon aufgebrachten Stimmung alles andere als förderlich gewesen. „Ich wurde vor meiner Einwechslung noch nie so viel mit Feuerzeugen beworfen wie in dieser Partie.“