Hallo André,
Du schriebst:
komisch, warum war mir schon vorher klar, dass Du eine solche Position
gegenüber der WM hast?
Ich vermute mal deswegen, weil ich aus meiner kritischen Haltung gegenüber gesellschaftlichen Massenphänomenen, gegenüber dem Massengeschmack und gegenüber vorgegebenen Meinungen nie einen Hehl gemacht habe und auch konsequent dazu stehe. Ich lasse mich nicht vereinnahmen und bilde mir möglichst ein eigenes Urteil und hoffe, dass dies auch hier deutlich wird.
Ich teile Deine Meinung, dass es sich um ein riesiges mediales,
milliardenschwä res Ereignis handelte.
Das ist aber auch das einzige was wir ähnlich sehen.
No Problem. I let you be in my dreams, if I can be in yours.
Denn ansonsten sehe ich es doch eher aus der Sicht des Spakkofatzen, der mit
der Deutschlandfahne umher fuhr.
Die WM war nicht dazu da um von Arbeitslosigkeit oder sonstigem abzulenken.
Die WM als Fußballturnier sicherlich nicht, aber die massive, z.T. absurde Auf- und Vorbereitung in allen Medien sollte durchaus dem Zweck dienen, die Masse der Bevölkerung unter mißbräuchlicher Verwendung des Events unkritisch "auf Linie" zu bringen.
Dass fast jeder aber nix anderes mehr im Kopf hatte, als die WM, kam dem
einen oder anderen in der Politik natürlich gelegen.
Du sagst es.
Und diese Tatsache wird bis heute von denen in abenteuerlicher Weise missbraucht. Es wird alles dazu getan, den nationalen Taumel der WM in die heutige Zeit zu erhalten. Auch die Handball WM, bei der die deutsche Mannschaft immerhin Weltmeister wurde, wurde in diesem Sinne dargestellt und benutzt. (Ein Wintermärchen!!!)
Auch dass ein positiver Ruck durch die Massen ging, war sicher nicht
verkehrt. Selbstbewusstsein, Gemeinsamkeit, Patriotismus, Stolz und
Begeisterung sind nicht unbedingt von Nachteil, sofern man dies vernünftig
nutzt.
Von welchem "positiven Ruck" schreibst Du da?
Sind die positiv Geruckten etwa nach der WM mit neuem Selbstbewusstsein endlich gegen ihre ausbeuterischen Minilohnzahler zu Felde gezogen? Haben sich die stolzen, selbstbewußten und begeisterten Patrioten endlich gemeinsam vor den Arbeitsagenturen und Rathäusern versammelt, um massiv gegen die asozialen Hartz 4 Gesetze zu protestieren? Oder haben sich diese Patrioten in den ostdeutschen Ländern endlich zusammen getan, um gleiche Löhne für gleiche Arbeit wie in den westlichen Ländern zu fordern? Nein, das haben sie eben nicht. Im Gegenteil, sie haben sich den patriotischen Bären weiterhin aufbinden lassen und zwar zu ihrem eigenen Nachteil. Du schreibst ganz richtig, "wenn man dies vernünftig nutzt". Die einzigen, die diese oktruierte Stimmung "vernünftig" genutzt haben, sind Politiker und Medien und zwar ausschließlich, um der Mehrheit der Bevölkerung weitere Ungerechtigkeiten abzufordern. Wer ist denn wohl selbstbewußter geworden? Die Unternehmer und Finanzjongleure! Wer pocht denn auf die Gemeinsamkeit? Diejenigen, die uns gemeinsam ausnehmen wollen, wie die Weihnachtsgänse! Den nationalen Taumel als neuen Patriotismus zu verkaufen, ist auch nicht auf dem Mist der Bevölkerung, sondern auf Manipulationen der Massenmedien gewachsen.Und Stolz? Was für ein Stolz? Ich kann doch nur stolz auf etwas sein, was ich persönlich geleistet habe. Ich habe noch nicht einmal etwas dazu getan, dass ich das Glück hatte, hier in Deutschland geboren und aufgewachsen zu sein. Das war Glück, aber darauf kann ich doch nicht stolz sein! Wäre ich in der Antarktis geboren, wäre ich vielleicht ein veritabler Pinguin geworden.
Gutes Wetter ist für das Gemüt eines jeden auch nicht verkehrt und hatte
auch einen großen Anteil daran, dass überall sehr gute Stimmung herrschte.
Da hast Du wohl recht.
Auch die Tatsache dass man vor der WM von der deutschen Mannschaft absolut
nix mehr erwartete und dann positiv überrascht wurde, spielte bei der
Begeisterung eine Rolle.
Von Korea hat 2002 auch keiner etwas erwartet und die sind auch Dritter geworden.
Eine schöne Tradition.
Dass die Spiele der deutschen nicht immer klar herausgespielte Siege waren,
ist für die Spannung auch gut gewesen. Grottenschlechten Fußball habe ich zu
der Zeit aber nicht gesehen. Die Niederlage vor der WM gegen Italien war ein
grottenschlechtes Spiel.
Auch.
Den Film Deutschland ein Sommermärchen habe zwar auch ich LEIDER noch nicht
gesehen, aber denke ich auch hier nicht, dass er der Massenmanipulation und
Propaganda dienen sollte. Wie denn auch, für einen solchen Film hätte man
ein anderes Ende gebraucht. Da wären dann wir Weltmeister gewesen ;-)
Dass die WM völlig gewaltfrei gewesen ist, denkt wohl keiner.
Eben.
Schön fand ich auch, dass diese WM in meinen Augen Deutschland die Chance
gab zu zeigen, dass es tolerant, aufgeschlossen und nicht
fremden/auslä nderfeindlich zu sein.
Das wird gerne in Anspruch genommen. Ich halte es da dann doch lieber so, dass ich die anderen frage, ob sie uns Deutschen für tolerant und aufgeschlossen halten. Ich denke, dass da dann eher ein Schuh draus wird. Wenn ich solche Aussagen in deutschen Medien höre/lese, riecht es mir zu sehr nach Eigenlob. Es gibt Beispiele zuhauf, die dieser Aussage auch nach der WM entgegen stehen. Ein Volk mit einer solch grausamen Geschichte ändert seine Latenz nicht mal eben in sechs Wochen.
Diese Chance hat Deutschland genutzt. Ein paar Querköpfe gibt es immer, das
ist aber nicht die Masse.
Das gilt es zu überprüfen. Und zwar über einen sehr langen Zeitraum.
Ich fand die WM super und das es natürlich auch ein milliardenschweres
Geschäft ist, tut dem kein Abbruch.
Ich war bei der `94er WM wesentlich begeisterter. Alleine das Endspiel war grandios.
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