Tja Stefan,
freut mich ja, dass es Dir wieder gut geht und Du jetzt wieder ganz der Alte bist. ;-))
Du fragst:"..Interessant, wann hast du diese Erfahrung denn gemacht?.."
Das will ich Dir gerne beantworten. Abgesehen von familiären Bezügen nach Herne und nach Oberhausen, pflege ich seit nunmehr über 35 Jahren sehr enge Freundschaften nach Dortmund. Wann immer es meine Zeit erlaubt, besuche ich meine Freunde dort und bin natürlich das ein und andere Mal Gast im Westfalenstadion. Diese Freunde sind oder waren durchweg aktive Fußballer und nehmen regen Anteil am gesamten Ligabetrieb. Dass sich bei meinen regelmäßigen Besuchen deshalb sehr viele Gespräche um das runde Leder dreht, erklärt sich dadurch von selbst. Und genau dabei mache ich seit genau so langer Zeit immer wieder diese Erfahrungen, nach denen Du fragtest.
Weiter erzählst Du von Deinen Erfahrungen, die Du in Köln gemacht hast.
Ein Blick in den Atlas zeigt Dir, dass Köln noch nicht einmal annähernd im Revier angesiedelt ist. Das so genannte Revier befindet sich in Westfalen und Köln ist DIE Metropole des Rheinlandes. Das Revier umfasst das Gebiet in Nordrhein-Westfalen, das von der Steinkohle- und Stahindustrie geprägt ist. Und in Köln wurde höchstens so tief gegraben, dass man seine Radieschen ernten konnte. Meistens stieß man dabei allerdings auf Hinterlassenschaften der Römer, was einen sinnvollen Bergbau dort von vorn herein unmöglich gemacht hätte. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen diesen beiden Regionen ist die Zugehörigkeit zum selben Bundesland.
Ferner schreibst Du:"...Dass zu St. Pauli sonderlich viele Hafenarbeiter gehen oder gegangen sind, wäre mir neu....".
Unser FC St. Pauli wird in 1 1/2 Jahren 100 Jahre alt. Zur Zeit der Gründung, bis weit in die 60er Jahre hinein war der Stadtteil St. Pauli - wenn man von dem Personenkreis absieht, der wie auch heute noch, von Angehörigen der Unterhaltungsbetriebe bewohnt wird - zum weit überwiegenden Teil von Menschen bewohnt, die im Hafen oder im Schlachthof beschäftigt waren. Auch heute noch ist ein hoher Anteil der Anwohner im Hafen beschäftigt. Nur sind sie nicht mehr so ohne weiteres als solche zu erkennen. In den einschägigen Eckkneipen kann man sie treffen, wenn man daran Interesse hat. Alleine von den Gästen der "Lustigen Mama", Ecke Paul-Roosen/Große Freiheit fallen mir spontan zehn Mann ein, die im Hafen arbeiten. Und von diesen bin ich mit mindestens fünf Leuten öfter zusammen in´s Stadion gegangen. So war es auch früher. Man hat sich, so man Sport treiben wollte, dem FC St. Pauli angeschlossen und wenn man nicht aktiv sein wollte oder konnte, dann hat man sich seine Helden im Ligabetrieb, wie heute, am Wochenende am Millerntor, oftmals in Begleitung großer Teile der Familie, angeschaut. Das war für sie ein Stück Heimat und preiswerte Freizeitgestaltung. Bis heute hat sich das beim Großteil der Besucher am Millerntor nicht geändert. Das "vornehmlich studentische Publikum" ist vielleicht eine Illusion derer, die sich in diesen Kreisen, auch im Vereinszusammenhang, überwiegend bewegen. Es entspricht allerdings keineswegs den Realitäten. Der mit Abstand überwiegende Anteil der Besucher und Unterstützer des FC St. Pauli fristet sein Leben in durchschnittlich bezahlten Arbeitsverhälnissen, sind in einem so genannten prekären Beschäftigungsverhältnis, mit unterdurchschnittlicher Bezahlung angestellt oder sind arbeitslos. Und das haben wir gemeinsam mit den Fußballanhängern im Revier. Mangels Arbeitsplätzen, in denen man "gutes Geld" hat verdienen können, wie "auf Zeche" oder "im Pütt", ist den Menschen oft nur noch der heimische Fußballverein als Identifikationspunkt, sozialer Mittelpunkt und Heimat geblieben. So wie auf St. Pauli der Schlachthof und der Hafen als Einkommensgeber im Laufe der Zeit vernichtet wurde, identifizieren sich diejenigen, die dort normalerweise arbeiten würden, aber immer noch da sind, zum Ausgleich und aus Tradition mit ihrem FC St. Pauli.
Du schreibst:"...das spricht für mich nicht dafür, dass die uns so direkt hassen würden."
Von Hass war zu keiner Zeit die Rede. Jedoch bin ich das ein und andere Mal auf mehr als Ablehnung gestoßen, wenn ich mich mal wieder über meinen FC St. Pauli habe freuen können. Wenn ich mich beim Auswärtsspiel im Gästeblock irgendeines Stadions aufhalte, wäre ich schon verwundert, wenn ich nicht auch einige oder sogar viele einheimische Unterstützer meines Vereins treffen würde. In Köln sind es zum Beispiel traditionell sehr viele. Auf Schalke oder beim BVB sind es traditionell eher weniger. Das besagt allerdings gar nichts über die allgemeine Sym- oder Antipathie für den FC St. Pauli in der Region. Ich hatte bereits früher mal über einen Besuch Düsseldorfer Fans in der Nordkurve am Millerntor erzählt, die sich - mit Fortuna Schals und Kutten, sowie einer riesigen Pauke "bewaffnet" - unter uns mischten und den FC St. Pauli heftig unterstützten. Am nächsten Tag wollten sie in den Volkspark, wo ihre Fortuna spielte. Daraus kann ich nicht schließen, dass eine Mehrheit in Düsseldorf den FC St. Pauli unterstützt.
Forza FC St. Pauli, Bodo
Life is what happens, while you´re busy making other plans. (John Lennon 1940 - 1980)
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