St. Pauli trauert: Licht aus im Freudenhaus (dpa) [zurück]
[zoom] Hamburg (dpa) - Der Hamburger Kiez trägt Trauer, denn im Freudenhaus sind die Lichter aus. Nach zweijähriger Leidenszeit haben die Fans ihren Kultverein FC St. Pauli tränenreich in die Fußball-Drittklassigkeit verabschiedet.
«Ruhe sanft in der 3. Liga», war auf einem Spruchband im Millerntorstadion zu lesen. Mit dem dramatischen Absturz von der Bundesliga im Jahr 2002 bis in die Regionalliga zwölf Monate später ist der Stadtteilverein am seinem vorläufigen Tiefpunkt angekommen. «Das ist ein ganz bitterer Tag», meinte Trainer Franz Gerber über das Ende einer 17-jährigen Zugehörigkeit zum Profi-Fußball.
Die Gründe für den sportlichen Niedergang sind vielschichtig. «Das ging alles viel zu schnell. 2000 haben wir uns erst am letzten Spieltag vor dem Abstieg retten können, ein Jahr später sind wir in die Bundesliga aufgestiegen. Nun sind wir zwei Mal hintereinander abgestiegen. Dieses Tempo hat wohl einige im Verein völlig überfordert», meinte Kapitän Holger Stanislawski. Nun steht der FC St. Pauli am Scheideweg, hat keine Mannschaft mehr, kein Geld und kaum noch Zukunft.
14 Spieler aus dem Zweitliga-Kader können ablösefrei gehen. Geld für Neuzugänge ist nicht da. Zudem fehlen zwei Millionen Euro im Etat. Um die Lizenz für die 3. Liga zu sichern, ist St. Pauli auf eine Bürgschaft des Hamburger Senats für eine Kreditaufnahme angewiesen. Bürgermeister Ole von Beust hat seine Hilfe signalisiert, Innensenator Ronald Schill ist dagegen. Die TV-Einnahmen werden von aktuell 4,4 Millionen Euro um 90 Prozent auf 440 000 Euro in der Regionalliga sinken. Zum Vergleich: In St. Paulis Erstliga-Saison 2001/2002 gab es fast 13 Millionen Euro aus dem Fernseh-Geschäft.
In der 3. Liga stehen dem Club für den Lizenzspielerbereich nur 1,3 Millionen Euro zur Verfügung. «Die Grundgehälter werden auf 2000 bis 4000 Euro pro Monat sinken. Auflaufprämien fallen weg. Es wird Punktprämien geben, die an die Zuschauerzahlen gekoppelt sind», erklärt Vize-Präsident Günther Preussker. St. Pauli hofft auf die Treue seiner Fans und kalkuliert mit 9000 Zuschauern pro Heimspiel. In der 2. Bundesliga waren es 10 000 mehr. «Aber wenn wir oben mitspielen sollten, kommen bestimmt 12 000 bis 15 000 Fans. Wir müssen aber angesichts des engen Etats aufpassen, dass wir nicht wieder im unteren Drittel der Tabelle landen», warnt Trainer Gerber.
Die Gegner für den «Weltpokalsiegerbesieger» FC St. Pauli, wie sich der Kiez-Club noch vor 15 Monaten nach dem 2:1-Erfolg über Bayern München getauft hatte, heißen künftig Paderborn, Wattenscheid und Preußen Münster. Und Vize Preussker, früchtet, dass der Verein nur in eine Rolle scghlüpfen wird, die ihm ganz und gar nicht gefällt: «St. Pauli wird das Bayern München der 3. Liga. Alle werden uns jagen.»
© dpa - Meldung vom 19.05.2003 12:38 Uhr